Von Maschinen bewertet? – Realität des „Social Scoring“

Ein Rückblick auf unsere Veranstaltung „Von Maschinen bewertet? – Realität des ‚Social Scoring'“

Social Scoring, also ein online betriebenes Bewertungssystem und eine quasi allgegenwärtige Überwachung aller digitaler Daten, als Versuch zur totalen Kontrolle der Bevölkerung – das klingt nach Science Fiction-Material aus Hollywood. Für die Bürgerinnen und Bürger einiger großer Städte in China ist es jedoch längst Realität: Ein flächendeckendes, gesellschaftliches Bonitätssystem weist ihnen „Sozialkreditpunkte“ zu, die darüber entscheiden, ob jemand sein Kind auf die Uni schicken kann, einen Kredit bekommt, oder einen Flug buchen darf. Wer über eine rote Ampel geht, verliert Punkte, wer gut über die Partei in Social Media spricht, erhält welche. Die „erarbeiteten“ Punkte sorgen dann dafür, dass die Bürgerinnen und Bürger Vergünstigungen bekommen oder offeriert ihnen soziale Vorteile.

Techniksoziologe Dr. Andreas Bischof von der TU Chemnitz erklärte am 26. April 2022 im Martin-Luther-King-Zentrum die technologischen Hintergründe dieser Bewertungssysteme. Dabei warfen wir anhand realer Beispiele kritische Blicke auf die Arbeitsweise von Algorithmen bzw. Künstlicher Intelligenzen, auf Problemfelder im Zusammenhang mit maschineller Bewertungen sowie auf die Datensammel- und Datenanalyse-Mechaniken digitaler Dienste. So wurde den Teilnehmenden bewusst, wie viel sie täglich von sich preisgeben und welchen Wert Privatsphäre für den Einzelnen hat. Zum Abschluss des Impulsvortrags gab es von Dr. Bischof noch Tipps zur Datensparsamkeit und zur digitalen Selbstverteidigung.

In der anschließenden, regen Diskussion ging es unter anderem um Fragen wie:
Verändert maschinelles Bewerten das menschliche Miteinander?
Warum machen die Menschen das in China freiwillig mit?
Befinden wir uns in Deutschland im Ansatz nicht schon auf dem Weg ins „social scoring“? (Um Vergünstigungen zu bekommen, nutzen wir bspw. Lidl Plus, Payback und Co und geben damit viel über uns preis.)
In wieweit sind solche „Alltagsdaten“ für Krankenkassen, Kreditinstitute oder Regierungen interessant?
Wie neutral sind Algorithmen?

Erneut eine rundum gelungene Informationsveranstaltung in Kooperation mit dem Martin-Luther-King Zentrum e.V. Werdau.